Amira will einen Neuanfang
Amira kommt aus Afghanistan ist verheiratet und hat drei Kinder.
Amira kommt aus Afghanistan und hat drei Kinder mit Jaliel. Jaliel war schon zu Hause Alkoholkrank und Opiumsüchtig, nach einem Entzug, ging er als Vorreiter der Familie auf die Flucht nach Österreich. Drei lange Jahre wartete Amira, bis die Familienzusammenführung genehmigt wurde. Es waren sehr harte Jahre für die alleinerziehende Frau.
Als sie mit den Kindern in Wien ankam, war schnell klar, Jaliel war rückfällig geworden. Eine Katastrophe – wie soll so ein Neuanfang gelingen?
Amira wird wieder schwanger und stürzt in eine tiefe Depression. Ihre ganze Angst vor dieser neuen Welt kam durch jede Pore. Sie konnte ihre Wohnung nicht mehr allein verlassen. Die Beziehung zu ihren Kindern ist schlecht. Sie spürt den großen Unterschied zwischen der heimatlichen und der österreichischen Mentalität. In Afghanistan mussten die Kinder gehorchen, hier haben die Eltern keine Macht über sie. Sie weiß nicht, was richtig und falsch ist. Sie hört, wenn man Kinder hier zu etwas zwingt, kommt die MA11 und nimmt die Kinder mit. Sie fühlt sich überfordert und machtlos und Jaliel ist ihr keine Hilfe. Sie sind nun seit 5 Jahren in Wien, sie spricht wenig Deutsch, Jaliel etwas besser. Trotz seiner Sucht arbeitet er als Installateur. Wenn er nach Hause kommt, trifft Amira seine Abwesenheit besonders hart.
In der Warteschlange vor dem Schalter der MA40 für die Mindestsicherung beobachtet sie zwei Frauen, die ihre Sprache sprechen. Die eine Frau, aufrecht, mit einem strahlenden Glanz in den Augen, stellt der anderen Frau viele Fragen. Sie reden von Zielen, von Kindern, von einem Mann, der ab nun Dinge im Haushalt übernehmen muss, damit die Frau Deutsch lernen kann. Amira wird es warm ums Herz. Die ganze Angst vor der Frau hinter dem Schalter, die sie immer so schlecht versteht, verfliegt. Sie wartet auf die zwei Frauen und stellt sich zaghaft vor. Das hat viel Kraft gekostet. Sie fragt, ob sie Hilfe beim Schalter bekommen könnte. Mit einem Lächeln schaut Elham Amira an. Natürlich, bleib doch hier bei uns. So reden sie weiter und Amira erfährt, dass Elham ihr prinzipiell helfen könnte. Sie ist eine NACHBARIN und ihre Arbeit ist es, Frauen in ihrer Muttersprache Dari/Farsi hier in Österreich so zu begleiten, dass sie ihr neues Leben aufrecht und mit eigenständiger Kraft und Mut leben können. Elham bittet Amira sich zu überlegen, ob sie das möchte, es sind auch einige Aufgaben für sie damit verbunden. Es wird nichts für sie erledigt, Elham hilft Amira die Dinge selbst zu tun, sich in der neuen Welt zurecht zu finden, die Gesetze zu kennen, die Schule zu verstehen, in dieser ganz anderen Gesellschaft Fuß zu fassen, mitzutun und dafür all das zu bekommen, was alle hier bekommen können.
Amira sagt ja. Hoffnung keimt auf. Als Elham das erste Mal in die Familie kommt, zeigt sich ihr folgende Situation:
Ellaha ist jetzt 19, sie macht den Pflichtschulabschluss und ist so richtig unmotiviert mit schlechten Noten. Während der Lockdowns war sie viel zuhause, stieß im Internet auf die Regenbogenseite und fand eine lesbische Freundin. Sie übernachtet häufig bei ihrer Freundin im Burgenland. Die Eltern können sehr schwer damit umgehen. Sie machen sich Sorgen, sind oft böse und abweisend und können die Wahl ihrer Tochter nicht akzeptieren. Sie befürchten, dass sie ein schlechtes Vorbild für die elfjährige Shina wird. Shina ist ausgezeichnet in der Schule, spricht aber nicht mit ihren Eltern und redet von Selbstmord. Der dreijährige Sohn spricht erst 3 Wörter, geht nicht in den Kindergarten und macht Amira große Sorgen.
Die Wohnung ist winzig und überzahlt, Jaliel ist kaum je nüchtern. Die Familien hat keinerlei Tagesstruktur, beim Essen zeigen alle ein Suchtverhalten, nur essen macht sie glücklich.
Als erstes baut Elham eine Beziehung zu Shina auf. Das geht gut, Shina ist klug und offen. Elham findet mit ihr das, was sie gerne möchte, passende Kurse für Singen und Tanzen. Über ihren Verein, die NACHBARINNEN, findet sie auch Menschen, die die Kurskosten für ein Jahr übernehmen.
Als nächstes geht sie mit Amira auf die Suche für einen Kindergartenplatz für den Kleinsten. Schnell wird klar, dass die Gegenseitige Abhängigkeit gut aufgelöst werden kann und der Bub jeden Tag fröhlich in den Kindergarten geht. Immer legt Elham darauf Wert, dass Amira selbst den Weg findet und auch mit den Menschen spricht. Sie hat ihr Google Maps erklärt, schon dadurch fühlt sich Amira freier.
Bei einem Elterntisch wird das Thema gewaltfreie Erziehung diskuttiert. Es war so klar und hoffnungsgebend, dass sich die Beziehung zu den Kindern schlagartig änderte. Auch Ellaha ist ganz verändert, seit sie regelmäßig zu einer Psychologin geht, sie will etwas Neues lernen und weiß, dass sie dafür den Pflichtschulabschluss braucht. Sie fühlt sich zu Hause wieder wohl, seit die Eltern auch ihre Freundin akzeptieren. Das hat Jaliel und Amira viel Mut gekostet aber sie spüren den Erfolg und sind froh.
Jaliel, der gerne wieder frei von Drogen wäre, geht zu den Anonymen Alkoholikern und Amira hat begonnen mit anderen Frauen regelmäßig Sport zu machen. Nach einer Wohnberatung möchte Amira zur Wohndrehscheibe – als sie Elham danach fragt, fragt sie nach der „Wunderscheibe“. Die „Wunderscheibe“ Amira, das bist Du, sagt Elham und lacht.
In dieser veränderten Situation war der Beginn von Familienkonferenzen zur Festigung einer sinnvollen Tagesstruktur ja fast einfach. Elham moderiert die erste Konferenz und schließt ihre Begleitung ab, als die Eltern fröhlich Ellaha’s Kochplan mit gesunder Ernährung für die kommende Woche vorschlägt.
Grossartig Elham! 8 Wochen deiner Begleitung haben das Leben dieser Familie komplett umgedreht.